10. Mai 2021

Pflegeheime: Wissenschaftliche Erkenntnisse werden vernachlässigt

2021-05-10

Foto: Pexels - Andrea Piacquadio

von Reto Marty

Gutes Licht kann mit wenig finanziellen Mitteln eine bedeutende Wirkung haben. Dennoch wird diese Erkenntnis im Budget nicht berücksichtigt. 

Licht wirkt sich äusserst positiv auf unsere Gesundheit aus. Das ist längst erwiesen und anerkannt. Allein schon eine halbe Stunde am Tageslicht, selbst bei bedecktem Himmel, hat eine grosse Wirkung. Das sind immerhin weit über 2000 Lux. Betagte Menschen in Pflegeheimen haben diese Möglichkeit jedoch meist nicht. Sie sitzen den ganzen Tag im Innenraum bei etwa 200 lx. Man spricht dabei von biologischer Finsternis. Nach dem Mittagessen schlummern sie im Sessel ein. Am Abend können sie dann nicht gut einschlafen. Das wirkt sich negativ auf die Regenerationsphase in der Nacht aus.

Entscheidend für den Schlaf ist auch das Licht in den Bewohnerzimmern. Die Beleuchtung im Badezimmer ist meist kalt und grell. Der nächtliche Gang zur Toilette beeinträchtigt so die Schlafqualität. Selbst ein kurzer Lichteinfall, verursacht durch das Pflegepersonal beim nächtlichen Kontrolldurchgang, kann einen Einfluss haben. Die daraus resultierenden Schlafstörungen haben weitreichende Folgen.

Zu wenig Licht am Tag und zu viel Licht in der Nacht. Der Unterschied von Tag und Nacht ist für den Körper nicht mehr eindeutig wahrnehmbar. Die Folge ist zu viel Melatonin am Tag und zu wenig in der Nacht: die Melatonin-beeinflussten Vorgänge im Körper geraten aus dem Gleichgewicht. Das wirkt sich unmittelbar auf die Gesundheit der Bewohner aus. 

Schlafmangel wird auch im Zusammenhang mit Alzheimer / Demenz diskutiert. Betroffene leiden an Schlafstörungen in der Nacht und Schläfrigkeit am Tag. Gestörter Schlaf, so vermuten einige Forscher, führe zu einer vermehrten Plaque-Ablagerung und so zu einem erhöhten Demenzrisiko.

 

Das Licht hat längst nicht nur für die Bewohner der Pflegeheime einen grossen Einfluss. Das Pflegepersonal absolviert häufige Nachtschichten. Frauen, die auch nachts arbeiten, haben ein bis zu drei Mal höheres Risiko für Brustkrebs als Frauen, die ausschliesslich am Tag arbeiten. Als wichtiger Faktor hat sich dabei die künstliche Beleuchtung, im Besonderen der Blaulichtanteil, herausgestellt.

Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse sollten in die Planung der Beleuchtung von Pflegeheimen, Demenzhäusern und Seniorenresidenzen einfliessen. Mit der fachlichen Kompetenz von ausgewiesenen Lichtplanern können die Themen aufgegriffen und wirksame Lösungen gefunden werden. Der dabei erreichte Mehrwert für die Gesundheit der Menschen ist enorm. Dennoch werden diese Aspekte in den Budgets nicht berücksichtigt. Von unserer fachlichen Kompetenz wird nicht profitiert. Oft wird sogar das Honorar einer professionellen Lichtplanung gänzlich eingespart. 

Die Verantwortlichen von Pflegeheimen verlassen sich bei Projekten meist auf das Baumanagement und ausgewiesene Pflege-Fachleute. Daran ist nichts Verwerfliches. Während die Einen für das Einhalten der Budgets sorgen, gewährleisten die Anderen einen gut strukturierten Betrieb nach Fertigstellung. Beim Thema Licht werden dann in erster Linie deren Kosten diskutiert. Lediglich knapp 1% der Baukosten sind für die Beleuchtung vorgesehen. Es soll einfach “genug hell” sein. Als Anforderung wird dafür die Norm herangezogen. Die Norm DIN EN 12464-1 „Beleuchtung von Arbeitsstätten in Innenräumen“ beschreibt die erforderliche Beleuchtung für konkrete Sehaufgaben der Augen. Sie beinhaltet aber keinerlei nichtvisuelle und emotionale Einflüsse auf den Menschen. Genauso wenig macht sie Angaben zur Wirkung auf die Gesundheit. Eine normgerechte Beleuchtung macht jedoch noch längst keine qualitativ gute Beleuchtung aus. Ein weitverbreiteter Irrtum. 

Grosser Mehrwert für wenig Geld

Es gibt kaum vergleichbares, das mit so kleinem finanziellem Aufwand eine derart grosse Auswirkung auf die Gesundheit hat.

Die Lichtplaner von nachtaktiv haben eine grosse Erfahrung in der Planung von Pflegeheimen, Demenzhäuser, Seniorenzentren und Spitäler. Gleichzeitig bilden wir uns stetig weiter zum Thema Licht und Gesundheit. Denn die Gesundheit ist uns ein grosses Anliegen.