20. Oktober 2021

Evolution & Licht

2021-10-20

Foto von Cliford Mervil von Pexels

von Jennifer Sippel

Glaubt man der Bibel, sprach Gott wohl am Anfang der menschlichen Existenz: „Es werde Licht“.

Mit diesem Satz war das Licht demnach offenbar als Solches geboren. Desweiteren entschied sich dieser Schöpfer für zwei Synonyme, das Licht wurde auch als „Tag“ bekannt und die Dunkelheit wurde mit „Nacht“ gleichgesetzt.

Und genau dieses Phänomen, sei es von Gott erschaffen oder nicht, bestimmt das menschliche Leben seit jeher.

Schon die alten Ägypter, Römer oder Griechen wussten die Bedeutung des Lichts zu schätzen. Sie schufen sich Götter des Lichtes und der Dunkelheit und setzten Licht schon in erheblichem Umfang zu medizinischen Zwecken ein.

Schlägt man morgens seine Augen auf, erkennt man, dass das Licht jeden Tages einen Neuanfang mit sich bringt: Ein Neuanfang an Inspiration, Aktivität, Energie und Tatendrang. Natürlich kennt jeder von uns auch die Ausnahme. Aber genau diese bestätigt ja bekanntlich die Regel: Jeder Sonnenaufgang ist ein Übergang von der dunklen Nacht, in welcher wir ruhen und uns regenerieren, zur energiegeladenen Helligkeit des Tages. Soweit kann man sagen: Jeder Sonnenaufgang flösst allem Lebendigen Leben ein. Ob Mensch, Tier oder Pflanze - jedes Wesen richtet sich nach dem Wechsel von Tag und Nacht.

Im Laufe der Evolution hat sich der Mensch an die Rhythmen der Natur angepasst. Die Tageszeiten, sowie die Jahreszeiten haben ihm eine innere Uhr entwickeln lassen, nach welcher er leben soll(t)e.

Foto von Jeremy Bishop von Pexels

Foto von Jeremy Bishop von Pexels

Für die Höhlenmenschen war dies klar definiert. Es gab nur eine Lichtquelle: die Sonne. Schien sie, so wurde seinen täglichen Aktivitäten nachgegangen. Ging sie unter, war das einzige Licht das des Mondes und der Sterne. Dieses Licht reichte jedoch nicht aus, um zu Jagen oder sonstige Tätigkeiten auszuüben. Sie gingen schlafen und nutzen die Nacht, um Kräfte zu sammeln und sich zu erholen. So wie es eigentlich mal geplant war. 

Mit der Evolution des Menschen, dem Entdecken des Feuers und schlussendlich der Erfindung der Elektrizität gelang es dem Menschen „die Nacht zum Tag“ zu machen und die natürlichen Grenzen zwischen Helligkeit und Dunkelheit aufzulösen.

Über unzählige Generationen gab es nur wenige künstliche Lichtquellen. Unsere Vorfahren hielten sich hauptsächlich im Freien auf, der Wach- und Schlafrhythmus war im Einklang mit der Natur. Es klingt wahrlich erholsam. Der Begriff des „zirkadianer Rhythmus“ ward geboren und wurde gelebt. 

Der moderne Mensch jedoch hat dieses Verhältnis geradezu umgekehrt. Er lebt und arbeitet zum größten Teil in geschlossenen Räumen. Viele müssen beruflich bedingt nachts arbeiten und tagsüber schlafen. Und selbst wenn sie sich Draussen bewegen, tun sie dies in geschlossenen Autos, Zügen oder Flugzeugen.

Mit Aufkommen der Industrialisierung plante man Fabriken, Werkhallen und Grossraumbüros, sogar Schulen, mit möglichst geringem Bezug zur Aussenwelt, denn man lebte in der falschen Annahme, dass somit die Konzentration beim Arbeiten und Lernen erhöht werden könnte.

Heute belegen Studien das genaue Gegenteil. Menschen, welche an ihrem Arbeitsplatz über zu wenig Tageslicht verfügen, klagen oft über Befindlichkeitsstörungen und werden des Öfteren krank. Auch bei Kindern, welche sich vorwiegend in künstlich beleuchteten Klassenzimmern aufhalten, wurden vermehrt psychomotorische Beeinträchtigungen festgestellt.

Bildnachweis: VectorMine via iStock

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Es gibt einen deutlichen Zusammenhang von „Lichtzufuhr“ und den Funktionen der Organe. Diese werden vom zirkadianen Rhythmus gesteuert - und dieser wiederum wird massgeblich von jeglicher Art von Lichtquelle, sei es natürlich oder künstlich, sei es fest installiert oder mobil, sei es aktiv oder passiv, beeinflusst.

In einem Satz: das Licht ist entscheidender Taktgeber für unsere innere Uhr, unseren Rhythmus, unser Gleichgewicht, unsere Gesundheit und unser Wohlempfinden.

Ab und an sollten wir uns dies wieder bewusst machen. 

 

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Jacob Libermann: Die heilende Kraft des Lichts

Elke Brandmeyer & Dr. med. Bodo Köhler: Licht schenkt Leben

Till Roenneberg: Wie wir ticken

Dr. Annette Krop-Benesch: Licht aus!? - Die unterschätzte Gefahr der Lichtverschmutzung